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Alfred Breslauer

Architekt einer traditionellen Moderne

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat dem Architekturmuseum ein Forschungsprojekt zu Leben und Werk des Architekten Alfred Breslauer bewilligt. Das Projekt, das über drei Jahre laufen wird, beginnt im Juli 2016 - pünktlich zu seinem 150. Geburtstag.

Colloquium 7./8. März 2018

Tagungsprogramm

Forschungsprojekt

Alfred Breslauer zählt zu den vergessenen Architekten des frühen 20. Jahrhunderts. Als Absolvent der TH Berlin historistisch geschult, konnte er als Mitarbeiter Alfred Messels u. a. beim Warenhaus Wertheim dessen Ansätze zu einer Reform der Baukunst aufnehmen. Nach 1900 wandte sich Breslauer, der seinen Zeitgenossen als eigentlicher Schüler und Nachfolger Messels galt, vorwiegend dem privaten Wohnungsbau zu. Hier vertrat er wie sein Meister schon früh eine Hinwendung zu einem reduzierten, bürgerlichen Neoklassizismus, in dem sich eine traditionelle Formensprache mit moderner Bautechnik und einer gehobenen Ausstattung verbanden. Bis zum Ersten Weltkrieg galt diese Haltung als Avantgarde und fand einen breiten Zuspruch innerhalb einer großbürgerlichen Klientel. Anders als der jüngere Mies van der Rohe hielt Breslauer daran auch in den zwanziger Jahren fest und wurde nun zu einem bevorzugten Architekten vorwiegend jüdischer Auftraggeber. Ob und inwieweit diese Konstellation den Wunsch einer spezifischen Bauherrenschaft nach bürgerlicher Anerkennung durch die Wahl von Formen eines preußischen Frühklassizismus ausdrückt, ist zu klären und eines der Forschungsziele des Projekts. Dazu gehört auch die Untersuchung der Innenräume, die Breslauer wiederum wie zuvor Messel häufig auf die darin befindlichen Kunstsammlungen konzipierte und für die er von Zeitgenossen besonders geschätzt wurde.

Breslauers in zunehmenden Gegensatz zur neusachlichen Moderne tretender Stil ist sicherlich ein Grund für seine Nicht-Wahrnehmung nach 1945. Der zweite Grund liegt in seiner Entrechtung, Diffamierung und schließlich Vertreibung als Architekt mit jüdischen Vorfahren im Dritten Reich. 1939 emigrierte er in die Schweiz, wo er, ohne weitere Aufträge erhalten zu haben, 1954 verstarb.

Trotz des erzwungenen Schweizer Asyls hat sich der Enkel Alfred Breslauers – Prof. Konrad Feilchenfeldt – entschlossen, den Nachlass seines Großvaters dem Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin zu überlassen. Aufbauend auf diesem Material (rund 250 Fotografien, private Briefe sowie amtlichen Dokumente), das im Rahmen der üblichen Erfassungstiefe durch das Museum inventarisiert wurde, dient das Projekt einer genauen Erschließung, Kontextualisierung und Vergegenwärtigung des weit über den Nachlass selbst hinausreichenden Gesamtwerkes, für dessen nach gegenwärtigem Stand ca. 200 Bauten ein vollständiges Verzeichnis in Buchform erstellt werden wird. Die Fotos sind mittlerweile für jeden Interessenten online abrufbar.

Breslauers Oeuvre kommt zum einen prototypischer Charakter für die traditionelle großbürgerliche Villen- und Landhausarchitektur Deutschlands zwischen Jahrhundertwende und Drittem Reich zu. Seine Biografie spiegelt auf besondere Weise das Schicksal vieler von den Nationalsozialisten entrechteter und vertriebener jüdisch stämmiger deutscher Baukünstler und kann anhand eines umfangreichen Briefwechsels nach 1933 exemplarisch aufgezeigt werden.

Alfred Breslauer im Bestand des Architekturmuseums

Der Bestand Breslauer wurde bereits vollständig digitalisiert, Sie können ihn hier einsehen:

Zur Sammlung Breslauer